Erst Ruhe. Tiefes sattes Schwarz und ein unbehagliches Warten auf den Anfang des Films. Tastender suchender Blick nach Lichtpunkten, Bildern und Geschichten in der allumfassenden Dunkelheit, die den Bildschirm für ganze 3 Minuten in Beschlag nimmt. Unheilschwanger unterspielt mit György Ligetis strukturloser Orchestermusik, die in ihrer existenziellen Beklommenheit eine bodenlose Bangnis erzeugt und als Grundgefühl im weiteren Verlauf des Films fortwirkt. Dann majestätisch das Aufgehen der Sonne hinter einem schattenhaften Planeten, begleitet von den paukenschlagenden Tönen Richard Strauss‘ sinfonischer Dichtung »Also sprach Zarathustra«. Pathetische, beinahe pastorale Aufbruchsstimmung. Der Film beginnt.
Was lässt sich noch über einen Film sagen, der sich so wirkmächtig in die Annalen der Filmgeschichte eingeschrieben hat? Der ohne Widerworte auf etlichen Toplisten thront und aus allen erdenklichen Perspektiven rezipiert, analysiert und besprochen wurde? Einen Film, der Kulturphilosophen, Technikskeptiker und Weltraumbegeisterte auf der einen Seite in ein nicht enden wollendes Staunen versetzt und die Uneingeweihten auf der anderen Seite mit gähnender Langeweile quält. Was bleibt übrig von der unbedarften, vielleicht kindlichen Herangehensweise an ein solch diskursträchtiges Opus Magnum? Die Rede ist von Stanley Kubricks »2001: Odyssee im Weltraum« aus dem Jahr 1968, dem Jahr der Hippie-Bewegung und der zivilgesellschaftlichen Proteste, dem Schaltjahr der Popkultur. Und diese Rezension erzählt von jener naiven Kindheitserfahrung, vom weltfremden Blick zu den Sternen.
Die Handlung ist schnell vermittelt, wenn auch deren Wiedergabe kaum erahnen lässt, womit man es eigentlich zu tun hat: Eine Horde Menschenaffen wird auf unerklärliche Weise mit einem großen schwarzen Monolithen konfrontiert und entdeckt hierüber die Vorteile der Technik. Dieser unnatürlich glatte dunkle Klotz in der wüsten Wildnis vergegenwärtigt den Affen wohl die Wirkmächtigkeit kultureller Artefakte, denn jetzt ergreift einer von ihnen einen herumliegenden Knochen und benutzt ihn als Waffe. Unzählbare Jahre später begegnen die Menschen auf einem fernen Planeten erneut diesem rätselhaften Monolithen und bleiben ebenso ratlos wie die ihre Vorfahren. Danach begibt sich David Bowman, der Protagonist, mit seiner Crew auf eine wissenschaftliche Mission, wobei er der schaurigen Eigenwilligkeit seines Boardcomputers ausgesetzt wird und letztlich bis an die Grenzen des Sagbaren gerät. Bis an die Grenzen von Struktur und Sinn.
Man weiß von der philosophischen Qualität des Films. Auch über die filmtechnische Raffinesse ist man ins Bild gesetzt, wenn man die Produktionsgeschichte kennt. Zudem ist jedes Wort über seine feinkomponierte affektive Sogkraft bereits gesagt worden. Und auch das unbeschreibliche Gefühl vor der unergründlichen Weite des Universums, an dem jedes Wort verstummt, wurde bereits zu genüge beschrieben. Was ungesagt bleibt, vielleicht ungesagt bleiben muss, ist das höchst eigene Erlebnis, das der Film bietet, oder erlaubt. Aufgrund der vielen Leerstellen und der allgemeinen Sinnverweigerung, aufgrund seiner räumlichen und zeitlichen Tiefe, lädt der Film dazu ein, mit sich selbst auf eine Reise zu gehen. Anders aber als das Geraten in einen mystischen oder meditativen Zustand der Weltvergessenheit, anders als esoterisch beschworene bewusstseinserweiternde Introspektionsübungen, führt der Film kompromisslos in die Untiefen des eigenen bewussten Seins. Aber wie lässt sich mitteilen, was dort aufzufinden ist? Wie lässt sich der ehrfürchtige Blick des Kindes zu den Sternen versprachlichen, ohne sich an den festen Worten zu stoßen? »Die [innere] Erfahrung«, schreibt Georges Bataille, „ist in Fieber und Angst die Infragestellung (Erprobung) dessen, was ein Mensch vom Seinsgeschehen weiß. Wenn er in diesem Fieber irgendeine Wahrnehmung macht, kann er nicht sagen: ›Ich habe dies gesehen, was ich gesehen habe, ist so und so‹; […] sondern nur: ›was ich gesehen habe, entgeht dem Verständnis‹«. Und eben das schafft der Film. Ob die Reaktion darauf nun Staunen oder Haare raufen ist, ob man den Film für gut befindet oder nicht, das spielt vor diesem Hintergrund wohlmöglich gar keine Rolle. Wie könnte man auch dem ahnungslosen Kinderblick zum Himmel die Werte dieser Welt entgegenhalten?