Jemand teilt etwas mit. Jemand hört zu. Jemand fühlt sich verstanden. Die Kurzfassung eines gelungenen zwischenmenschlichen Austauschs. Und doch vielleicht auch oft nur die Geschichte eines Missverständnisses.
Wer verstehen möchte, spitzt die Ohren, öffnet Gehör und Verstand und übersetzt das Wahrgenommene in die eigene Sprache. Bald schon entsteht ein Dialog und die gegenseitige Bereitschaft befördert das wechselseitige Verhältnis. Eine Beziehung entsteht. Eine Verbindung erwächst.
Diese Geschichte beruhigt. Kausalität beruhigt. Verbindung ist der Stoff des Lebens. Verstehen bedingt Überleben, ist eine Urform der Abwehr. Und doch ist die Geschichte eine Geschichte des Missverständnisses.
Wer ist schon bereit, einmal ganz auch durch seine Dunkelheit zu schreiten? Wer ist bereit, sich sinken zu lassen, statt nach der Oberfläche zu trachten? Wie kann ich meinen, jemanden zu verstehen, wenn ich nur sein Auftauchen anschauen will und kann? Ich sehe den hellen und beruhigenden Ausschnitt seines aufatmenden Gesichts. Aber welche unansehnlichen Spuren tönen in diesem Gesicht mit? Von welchem schattenhaften Weg will ich lieber den Blick abwenden?
Vielleicht ist jedes Verständnis nur eine gern vernommene, gut verdauliche Geschichte? Und vielleicht beginnt wirkliches Verstehen gerade dort, wo ein Hörender bereit dazu ist, sich in die Dunkelheit herabsinken zu lassen, von wo aus ein Ausdruck sich aufgemacht hat? Ein Ort, an dem jede Hoffnung auf Verbindung erstirbt. Einer, der für immer ungesehen, ungehört und ungeteilt bleibt. Das äußerste Ende der Angst, das auch der Anfang aller Dinge ist.