Ein Gefühl wird zur Disposition. Eine kurz aufflammende Regung wird zur steten Eigenschaft. Etwas fühlt sich leicht an. Immer wieder. Bis die Leichtigkeit zur Grundeinstellung wird und ihr Träger sich der Unbeschwertheit erfreuen darf. Lässt sich über so einen Zustand etwas sagen? Lässt sich darüber philosophieren? Kann man den Zustand auf seinen Ursprung hin befragen und ein Rezept zum Nachmachen herausschälen? Oder ist nicht gerade das Ausgehen der Zeichen das letzte Zeichen: nämlich das der Leichtigkeit?
Was ist, wenn es keinen Konflikt gibt? Kein Ereignis? Keine Narration? Kein Mitteilungsbedürfnis? Wenn alles an seinem Platz ist? Wenn erreicht ist, was es zu erreichen galt; vererbt ist, was es zu vererben gab? Wenn sich mehr und mehr die Ansicht ausbreiten darf, dass die Bewegung sich sehnender Seelen – die Geschichte und Suche in Sprache, Identität, Lebensentwurf und allem anderen, worin sich sehnende Seele verstricken können – ein kurioses Laufen auf der Stelle ist. Wenn wir in Anbetracht der kuriosen Lauftätigkeit bemerken, dass wir dabei genau so gut auch lachen können. Damit ist noch längst kein Schritt aus dem Leben getan. Meditation ist nicht Dissoziation. Es tut ja gut, auch weiterhin verstrickt zu sein, sich weiterhin zu sehnen und zu laufen, auch auf der Stelle. Aber es tut auch gut, sich der Kuriosität dieser Szene gewahr zu bleiben. Nur wie weit möchte ich mich vorwagen? In die eine und damit – zugunsten der Balance – auch in die andere Richtung?
In die Flut springen. Sich mitreißen lassen. Schreien, weinen und lachen ohne eine Chance darauf, die Impulse einzuhegen. An den Punkt sich vorwagen, an dem die liebgewonnenen Worte versagen und Gebrabbel und Gestammel die Führung übernehmen. Ungesund sein. Anfänger werden. Nichts verstehen, nichts erklären können. Bereit dazu sein, zu verlieren, sich zu verlieren. Sich in Grund und Boden schämen. Und sich unendlich schwer fühlen. Betroffen sein. In der Freude bis zum Himmel springen. Im Schmerz ganz und gar untergehen. Zu Lieben mit jeder Faser. Herabfallen in die dunkelste Stunde der Einsamkeit. Restlos gehalten sein in zutraulichen Armen. Dumm sein. Sehr dumm sein. Sich verschwenden und sein ganzes Leben auf einen Augenblick hin ausrichten. – Und erzählen: aus der Flut auftauchen. Kleine Kisten mit Etiketten basteln. Pläne schmieden. Häuser bauen. Die Geschichte von Anfang bis Ende erklären. Für alles eine Karte anlegen. Stolz sein, stoisch und sich seiner selbst sicher. Wissen anhäufen. Klug sein. Sehr klug sein. Und erwachsen. Sich nicht immer gleich mitreißen lassen. In der Freude Maß halten. Den Schmerz verständnisvoll abmildern.
Wie weit möchte ich mich vorwagen? In die eine und damit – zugunsten der Balance – auch in die andere Richtung?